Raus aus dem Crash und das Leben neu erfinden
Der Hausarzt weigert sich beharrlich, der Arbeitsagentur gegenüber zu bestätigen dass ich aufgrund medizinischer Probleme kündigen musste. Man hätte ja auch Psychotherapie, Reha und Wiedereingliederung machen können. Es entwickelt sich ein Disput über Henne und Ei: aus seiner Sicht bin ich depressiv und der Rest ist psychosomatisch. Ich stelle dagegen, dass ich krank bin (Fieber, Blutwerte…), massiv eingeschränkt und deshalb schlecht gelaunt. Es führt zu nichts. Eine befreundete Gynäkologin springt ein und schreibt mir die nötigen Gutachten, nur um mich zumindest finanziell unterstützt zu wissen.
Recht schnell stimmt die Arbeitsagentur zu. Und noch viel besser: die zuständige Beraterin hat schonmal was von “so Problemen nach Corona” gehört und lässt mir hinsichtlich Bewerbungsmarathon erst mal Ruhe. Letztlich sollte es auch als Augenoptikermeister und Betriebswirt nicht so problematisch sein, was zu finden.
Mir geht es in der Zeit ziemlich mies. Kopf- und Muskelschmerzen gehen weg, es bleiben aber die Konzentrationsprobleme. Und sie werden bewusster: Dinge, die ich sonst aus dem Ärmel schüttele, dauern ewig lang. Ich werde fahrig und schnell gereizt, einfach weil nichts so klappt wie es soll. Trotzdem schaffe ich es, Bewerbungen zu schreiben. Und positive Rückmeldungen tun gerade wirklich gut. Ganz bewusst aber suche ich nach Teilzeit-Stellen, denn irgendwie glaube ich nicht mehr daran, dass alles von alleine weg geht. KingBEAR soll zukünftig das Einkommen sichern, und “der Job” die Rente und die Krankenkasse.
Es sind viele attraktive Angebote dabei, doch das Beste kommt unverhofft von meinem Ex-Chef. Die Arbeitszeiten sind für den “Parallelbetrieb” mit KingBEAR optimal, und ich bin in 10 Minuten da. Hervorragend. Mit der Begründung dass wir noch einige Veranstaltungen haben und dem eigentlichen Grund, dass ich noch etwas Erholung brauche, einigen wir uns auf einen Start im August.
Das neue Lebensmodell steht: Selbstständig “plus” mit Handicap. Klingt spannend, klingt gut.
Ich plane den CSD in Köln. Und ich bekomme wieder Fieber. Ich vergesse Geburtstage und versuche mir erfolglos, Wasser aus einer geschlossenen Flasche einzuschenken. Jetzt werde ich also auch noch blöd. Ich bekomme Angst und behalte die für mich.